Schlüsselzonenmassage

Die Schlüsselzonenmassage und manuelle Therapie nach Dr. Marnitz ist eine Behandlungsmethode der physikalischen Therapie. Sie ist eine Kombination aus gezielter Massage und aus manualtherapeutischen Massnahmen. Die Schlüsselzonenmassage und manuelle Therapie nach Dr. Marnitz ist eine Therapie mit ganzheitlichem Behandlungskonzept, die direkt und reflektorisch wirkt. Sie eignet sich vor allem bei orthopädischen Erkrankungen zur Mobilisation und Schmerzlinderung bei chronischen und akuten Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, bei Bewegungseinschränkungen, zur Behandlung vor und nach Operationen.

Es handelt sich um eine sehr wirksame Methode, die auf genauen anatomischen und funktionellen Kenntnissen beruht. Grundlage ist das Wissen um die Reizausbreitung in biologischen Systemen: bei schmerzhaften Erkrankungen des Bewegungsapparates an einem Ort besteht die Tendenz pathologische Reize zu korrespondierenden Zonen an anderen Orten weiter zu leiten. Die Reizausbreitung erfolgt entweder:

  • direkt
  • segmental über das sensomotorische Zentralnervensystem
  • über das vegetative Nervensystem
  • humoral über gewebsschädigende Hormone
  • über Funktionsketten oder motorische Ketten

Die neuen Erkrankungsgebiete können manifest oder stumm sein. Sie können auf weitere Gebiete krank machend und auf das Wurzelgebiet krankheitsunterhaltend wirken. Um eine primäre Erkrankung erfolgreich angehen zu können, müssen alle damit in Zusammenhang stehenden Zonen mit behandelt werden.

Wirkung der Schlüsselzonenmassage

Die Schlüsselzonenmassage ist eine bewährte Methode zur erfolgreichen Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Man arbeitet dabei überwiegend mit kleinflächigen, punktförmigen Griffen und dringt langsam in die tieferen Gewebeschichten ein, um auf reflektorisch veränderte Gewebsbezirke einen längerdauernden Druck und damit Heilreiz auszuüben. Bereits durch relativ geringen Dehn- und Zugreiz kann dabei eine ausreichende therapeutische Wirkung auf das Bindegewebe erzielt werden.

Um die detonisierende Wirkung der Marnitz Therapie auf den Muskel zu verstehen, muss man sich vorstellen, wie diese Grifftechnik auf den Muskel wirkt. Hierbei sei an die Steuerung des Muskeltonus durch das Gamma- Mottoneuronensystem im Rückenmark erinnert.

Der Muskeltonus wird über die Aktivität der in den motorischen Vorderhörnern des Rückenmarks lokalisierten kleinen Gamma-Mottneuronen kontrolliert. Von den Gamma-Mottneuronen gelangen über die Gamma-Fasern Nervenimpulse zu den Muskelspindeln in der Muskulatur die als Dehnungsrezeptoren fungieren.

Veränderungenvon Muskeltonus und Länge werden über sensible Fasern weitergeleitet und in entsprechende Zellen der Hinterhörner des Rückenmarks registriert, über Zwischenneurone werden die Alpha- und Gamma-Neurone der Vorderhörner erregt. Dies wiederum führt zur Hemmung der Aktivität der Gamma-Mottoneurone und damit zur Abnahme des Muskeltonus. Die aktive Innervation der Muskelfaser erfolgt über die Alpha-Fasern die das Aktionspotential bis zur motorischen Endplatte weiterleiten.

Bei isometrischer Kontraktion nimmt der Muskeltonus stark zu. Bei der Entspannung oder passiven Dehnung tritt über das Gamma-System eine Detonisierung des Muskels ein. Der Muskeltonus wird aber nicht nur durch Störreize aus dem entsprechenden Wirbelsäulensegment erhöht, er wird auch durch Reize aus de entsprechenden Hautsegmenten beeinflusst.

So bewirkt z.B. ein Kältereiz auf einem bestimmten Dermatom des Rückens eine reflektorische Tonisierung der dazugehörigen dermatombezogenen Muskulatur (Myotom). Bei wiederholter Reizsetzung lässt sich auch fernab in anderen Muskelzonen ein erhörter Muskeltonus feststellen. Durch eine Unterbrechung des segmentalen Reizstroms über sensible Fasern zum Rückenmark kann wiederum eine Detonisierung der reflektorisch betroffenen Muskelzonen erreicht werden.

Auf diesem Prinzip basiert die gezielte Tiefenmassage.

Durch entsprechende Grifftechnik werden die Muskelfasern der hypertonen Muskulatur und somit die Muskelspindeln gedehnt. Erfolgt die Dehnung mit saft einsetzender Intensität, so wird reflektorisch (über die Hemmung der Gamma- Innervation) der betroffene Muskel detonisiert. Muskelhartspann und hieraus resultierender Muskelschmerz (als Folge der Ödematisierung und Ansammlung saurer Stoffwechselmetaboliten sowie daraus resultierender bindgewebiger Organisation zu sog. Myogelosen) klingen ab. Der Dehnreiz am Muskel muss aber so dosiert werden, dass der reflektorische Gegenspann umgangen und doch ein genügender Druck auf die Muskelspindel erreicht wird.

Da nicht alle Muskeln gleichermassen von schmerzhaftem Muskelhartspann betroffen sind, sondern dieser segmentbezogen auftritt, muss der Behandler die entsprechenden Schmerzzonen aufsuchen und in bestimmter Reihenfolge behandeln. Die Griffe der Marnitz-Therapie werden mit den Fingerkuppen oder mit dem Daumen ausgeführt. Selbstverständlich sind je nach Applikationsort die Stellung der Finger oder des Daumens sowie die Eindringtiefe auf die Gewebsbeschaffenheit abgestimmt. Die Finger oder Daumen dringen langsam anschwellend in die Tiefe. Sie werden am Wirkungsort soweit bewegt – selbst bei gleichbleibenden Druck – wie es die Haut zulässt. Dadurch werden übermässige Irritationen und Reibung auf der Haut vermieden. Danach wird der Druck langsam nachgelassen. Jeder Griff kann bei Bedarf wiederholt werden, jedoch maximal zweimal.

Aus der betont langsamen Griffführung, dem länger andauernden Verweildruck in der Tiefe und den jeweils angemessenen Exkursionen der Fingerkuppen oder des Daumens im Gewebe resultiert gleichsam eine Art „Überlistung der Spannungsbereitschaft“ des Gewebes. Nur so ist sichergestellt, dass in keiner Phase der Behandlung, jedenfalls bei sachkundiger Ausführung, reflexartige Gegenspannung eintreten wird. Diesem Prinzip folgend wird Struktur für Struktur dem Befund entsprechend behandelt.

Die Überwindung des Hypertonus der Muskulatur durch entsprechend dosierten Druck muss unbedingt langsam und anschwellend in die Tiefe erfolgen, ohne durch diese Technik eine Gegenspannung des Muskels zu provozieren. Ausser dem manifesten Krankheitsbild sind auch unterschwellig betroffene Körperzonen mit zu therapieren. Auch diese werden durch den Tastbefund ermittelt. Der Griff selbst führt „gemessen, sanft, eindringlich unter verweilendem Druck kleine bis kleinste Exkursionen im Gewebe aus“ (Zitat nach Dr. Marnitz).

Es sind Verformungs- und Dehnreize in alle Richtungen möglich. Am wirkungsvollsten sind sie jedoch quer zum Faserverlauf. Um zunächst in die Tiefe zu gelangen, sind Verschiebungen parallel zum Faserverlauf angezeigt. Abtasten, Befundaufnahme und die Behandlung selbst werden also in einem Arbeitsgang mit gleicher Grifftechnik und gleichem Schema vollzogen.

„Befunderhebung nach dem Schema – Behandlung nach Befund“

Neben der örtlichen Wirkung, erreicht man aber auch durch die Therapie ganz bestimmter „Fernzonen“ in festgelegter Reihenfolge (korrespondierende Zonen), eine deutliche Wirkung auf das Wurzelgebiet. Aber erst die Kombination der Marnitz-Therapie mit Mobilisationen, Dehnungen und Bewegungstherapie macht diese Behandlungsform zur komplexen Behandlung. Der Therapeut muss individuell nach Symptomatik der Erkrankung die Griffe dort einsetzen, wo sie den besten Effekt und die grösste reflektorische Wirkung entfalten – ohne zu schaden.

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